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Wie ich meinen Kitaplatz erfolgreich einklagte

Schnell, ohne Kosten und ohne Anwalt

"Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Kapazitätsengpass in sämtlichen wohnortnahen Einrichtungen berufen."  (VG 7 L 55/21

"Nur mit einem höheren Zwangsgeld könne man den 'rechtsuntreuen Willen der Behörde überwinden'"  (morgenpost zitiert das OVG

Hallo!

Schön, dass du meine kleine Webseite gefunden hast. Eventuell bist du auch gerade verzweifelt auf der Suche nach einem Kitaplatz und wohnst sogar wie ich in Brandenburg. §6 RDG verbietet es mir leider, an dieser Stelle eine beratende Rechtsdienstleistung an die Allgemeinheit zu erbringen, solange sie nicht von einer Person mit Befähigung zum Richteramt angeleitet ist. Insofern kann ich bis auf Weiteres hier nur meine konkrete Erfahrung berichten. Unabhängig von der Qualität des Inhaltes darf dieser also nicht beraten oder gar direkt zu konkreten Handlungen auffordern. Auch auf Nachfrage darf ich das nicht. Insbesondere in anderen Bundesländern werden sich Details in einigen Regelungen unterscheiden, wenngleich der grundsätzliche Anspruch auch auf Bundesebene geregelt ist und von mehreren Gerichtsbeschlüssen, die ich zitiere, ebenso zitiert wird.

Im Folgenden berichte ich von den Schritten, die zur schnellstmöglichen Durchsetzung des Rechtsanspruchs meines Kindes geführt haben. Ich zitiere dabei Schriftstücke meines eigenen Verfahrens oder offizieller Quellen.

Wenn du denkst, dass dies auch für Andere in deinem Bekanntenkreis von Interesse sein könnte, so teile es gern und viel. Mit dieser Webseite möchte ich verzweifelten Eltern Mut machen, sich nicht verwirrenden und teilweise falschen Aussagen offizieller Stellen im Kitaplatz-Vergabeprozess zu ergeben, sondern in die Rechtsstaatlichkeit zu vertrauen und mutig, wenn nötig, den Rechtsweg zu gehen.

Kurz zusammengefasst

Dezember 2019: Antrag auf Kitaplatz bei der Gemeinde ab April 2020, wo mein Sohn 1 Jahr alt wurde. Parallel Kontaktaufnahme mit sämtlichen Kitas und Tagespflegepersonen in zumutbarer Umgebung (Ablehnung von allen).

März 2020: Beginn der Bearbeitung des Antrags durch die Gemeinde.

Juni 2020: Information (kein Bescheid!) der Gemeinde, dass alle Plätze belegt seien und mein Kind keinen abbekommen habe.

Sommer 2020: Telefonische Aussagen vom Jugendamt, dass Rechtsweg möglich, aber aussichtslos sei. Es sei halt einfach kein Platz da.

Frust, Entmutigung, Vertrauensverlust in den Rechtsstaat - bis eine befreundete Richterin mich ermutigte, dass der einstweilige Rechtsschutz auf jeden Fall gegeben sein muss. Hätte ich das gleich gewusst, wäre das Verfahren bis zum Spätsommer schon durch gewesen...

November 2020 Antrag beim Jugendamt auf Feststellung und Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz in zumutbarer Nähe - keine Antwort! Später auf Nachfrage nur Vertröstungen.

November 2020: Dienstaufsichtsbeschwerde, mit Zitat bestehender Gerichtsbeschlüsse, dass nicht ausreichende Platz- oder Personalkapazitäten keine erfolgreiche Ausrede sein können - kein Eingeständnis von Fehlverhalten.

Dezember 2020: Auch Nachfragen bei Gemeinde und Bürgermeister ergeben entgegen zitierter Rechtssprechung aus dem eigenen Bundesland nur, dass der Anspruch nur im Rahmen der halt gerade verfügbaren Plätze umgesetzt werden könne.

Januar 2021: Klage beim Verwaltungsgericht. Nicht auf Entschädigung, mit weit mehr als 5 Jahren Bearbeitungszeit, sondern ein Eilverfahren auf einen Betreuungsplatz. Denn darum ging es mir ja schließlich. Anwalt? Brauchte es dafür nicht. Kosten: Eine Briefmarke.

März 2021: Positiver Gerichtsbeschluss. Das Jugendamt muss innerhalb von 3 Wochen einen Betreuungsplatz in zumutbarer Nähe nachweisen.

In den 3 Wochen passierte... NICHTS. Antwort bei Nachfrage am Telefon: "Wir bestätigen den Anspruch ihres Sohnes und akzeptieren das Urteil, einen Platz haben wir aber trotzdem nicht frei, also müssen sie weiter warten." 🤔.

April 2021: Antrag auf Vollstreckung eines Zwangsgeldes nach § 172 VwGO beim Verwaltungsgericht. Kosten: Eine Briefmarke. Antrag wurde prompt angenommen, Frist für das Jugendamt war noch mal 2 Wochen.

April 2021: Plötzlich, am letzten Tag der Frist bis zur Vollstreckung des Zwangsgeldes bekam ich eine Email(!) von der Gemeinde, dass ein Platz für mein Kind frei wäre. Ab sofort. Auch der Bürgermeister erhielt ein Schreiben vom Dezernenten des Landkreises. Die Presse berichtete.

Was? Wie? Wo?

Alle Dokumente zum Verfahren und von mir in diesem Fall zitierten Gesetze und Urteile findest du unter - Material -

Wenn es dich interessiert, wie genau das abgelaufen ist, wie sich die einzelnen Schritte begründen lassen und welche davon für meinen Weg letztlich irrelevant waren und die Sache unnötig lang gezogen haben, dann lies im detaillierten Bericht die vollständige Darstellung.

Fazit

Weder Anträge mit ausdrücklichen Hinweisen auf bestehende Rechtssprechung, noch Dienstaufsichtsbeschwerden und noch nicht mal eine erfolgreich eingeklagte einstweilige Anweisung durch das Gericht bewegten das Jugendamt meines Landkreises, das Dezernat oder meine Gemeinde zum Verständnis der Rechtslage und entsprechender Handlung. Erst als das Jugendamt sich unmittelbar vor der Straf-Abbuchung von 5.000 € alle zwei Wochen sah, bewegte sich plötzlich alles und das Kartenhaus fiel in sich zusammen.

"Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Kapazitätsengpass in sämtlichen wohnortnahen Einrichtungen berufen." (VG 7 L 55/21) Dieser zentrale Satz des erwirkten Beschlusses fasst es eigentlich zusammen. Der verantwortliche Träger kann niemals Erfolg damit haben, auf zu wenig Plätze zu verweisen. Sei es wegen zu wenig Personal, zu wenig Räumen, Sicherheitsauflagen der Gebäude... was auch immer. Wenn auch nur eines dieser Argumente vor Gericht anerkannt würde, wäre das ein Freifahrtschein für alle Gemeinden, keine weiteren Kitas mehr bauen zu müssen.

Das Ziel meiner Seite ist es, dass allen Beteiligten - Eltern, Gemeinden, Landkreis - klargemacht wird, dass es teurer ist, zu wenig Plätze zu schaffen. Es kann nicht sein, dass der Landkreis immer nur schulterzuckend dasitzt und keine Lösung findet. Es muss klargemacht werden, dass Fehlverhalten auch für Behörden konkrete Folgen hat.

Wie würde sich die Kitaplatzsituation ändern, wenn alle Instanzen wahrnähmen, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung von Betreuungsplätzen bei Nicht-Erfüllung eine konkrete Geldstrafe zur Folge hat? Und zwar für jedes einzelne Verfahren. 

Was würde sich in den Gemeindevertretungen und Stadtparlamenten bei der Argumentation gegen angeblich zu teure Kita-Bauten verändern, wenn hunderte Eltern bei ihren Landkreisen durchsetzten, dass alle zwei Wochen sechsstellige Beträge einfach als Strafzahlung abgebucht werden? Würde eine Kommunalaufsicht des Landkreises dann (wie in meiner Gemeinde geschehen) ausverhandelte Pläne einer Gemeinde zur Kitaplatzschaffung wegen zu hoher Kosten zurückwinken und lieber weiter Strafen zahlen?

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